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Okt.′ 11 21

Irgendwie haben wir die Nacht zum Tag gemacht. Es war so nett am Abend zuvor. Also regen sich die ersten Aufsteher am Morgen um halb zwölf. Ups. Bis halb eins gefrühstückt. Das heißt, Schule bis abends um 6. Stefan hat sich den ganzen Nachmittag mit Formularkram rumgeschlagen. In La Graciosa muss man eine Permission beantragen, bevor man da einlaufen darf. Na jedenfalls ist um sechs auch das letzte Englischbuch geschlossen und Graciosa beantragt.

Wir gehen mit der Tamoracrew zum Pingo Doce, dem hiesigen Supermarkt, um unsere leeren Getränkekisten zu füllen. Mit vier gehäuften Einkaufswagen kommen wir aus dem Laden. Dort stehen Taxen, von denen uns eines zum Boot fahren soll. Es gibt ein kurzes aber sehr nerviges Gerangel darum, wer uns alles helfen darf, die Wagen zu entladen und sie anschließend zurück in den Markt zu bringen, um den Euro zu kassieren. Einheimische drängeln sich darum. Endlich fährt das Taxi los. Das ist echt nervig, wenn einem son Service so aufgedrängt wird.

Wenn son Einkauf an Bord kommt, müssen alle Pappverpackungen entsorgt werden. Weil die Kakerlaken die so lieben, legen sie gerne ihre Eier rein. Also dürfen die Dinger nicht an Bord. Das hat schon zu Verwirrungen geführt, zum Beispiel als Julita sich Wackelpudding gewünscht hat. Julia hat die Packverpackung sofort entsorgt. Aber als der Pudding schließlich gekocht werden sollte, wusste niemand, wie man ihn zubereitet, geschweige denn die Mengenangaben. Immerhin wussten wir noch, wie der Beutel aussah, in dem Wackelpuddingpulver war.

Eine weitere Vorsichtsmaßnahme, um die einheimischen Käfer nicht an Bord zu schleppen, ist das Baden der Schuhe in Salzwasser. Denn bei einem Spaziergang durch die Stadt, kann man leicht in Eier treten, die dann unter den Schuhsohlen kleben wie Kaugummi und an Bord geschleppt werden. Die Eier sterben angeblich durch Salzwasserberührung, was dazu führt, dass wir seit Porto Santo alle Schuhe immer gleich in Salzwasser baden, manchmal auch die Füße, und sie zum Trocknen an Deck oder auf dem Steg stehen. Weil jeder mindestens ständig drei paar Schuhe in Gebrauch hat, sieht unser Schiff im Hafen immer wie ein kleiner Schuhladen aus.

Nun aber zurück zum Tag. Es wurde nämlich noch ein wunderbarer Abend. Olaf entführte uns in ein Fadorestaurant. Wir hatten das ja in Lissabon schon mal erlebt, sehr getragen und sehr teuer, aber auch sehr schön. Dies war ein kleines Familienrestaurant, in dem die ganze Familie Fado sang. Der Sohn spielte die portugiesische Gitarre, zwei Töchter, Mutter und Vater sangen abwechselnd. Die sehr melancholischen Gesänge waren sehr vielseitig. Als die eine Tochter sang, holte sie plötzlich die Gäste von den Tischen und verbändelte sie zum Tanzen. So tanzte schließlich das ganze Lokal in dem schmalen Gang zwischen den Tischen. Stefan wurde auch aufgefordert und legte mit Silke einen flotten Fadotanz hin. Die Kinder waren  ganz begeistert von der Musik. Julita durfte sich noch die Restaurantküche anschauen, in der die andere Tochter zwischen den Gesängen immer wieder verschwand, um zu arbeiten. Das letzte Stück sang die ganze Familie zusammen. Der Vater hinterm Tresen, die eine Tochter von der Tür aus, die andere durch die Durchreiche in der Küche und die Mutter bei den Gitarren. Wir waren mittendrin. Ganz beschwingt verließen wir das Restaurant. Verabschiedet wurde jeder Gast mit Wangenküsschen.

Over und aus.

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