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Jul.′ 21 18


Immerhin gibt es heute keinen Gegenwind. Rückenwind aber auch nicht. Wir nehmen also die Flaute, um weiter nach Osten zu kommen.
Mal sehen wie weit wir kommen, an der Küste entlang gibt es ja etliche Häfen zum Anhalten.
Der Portmaster auf VHF 17 begrüßt uns freundlich und teilt uns mit, dass der Hafen frei ist und wir auslaufen dürfen. Wir verlassen den Hafen und laufen auf der Nordsee (heißt das hier schon so) Richtung Osten.

Der Kuddel schiebt uns unermüdlich an der Küste entlang: Dunkerque – Nieuwport – Oostende – Zeebrugge – Blankenberge – Vlissingen.
75 sm motoren wir – 15 Stunden. Die Sonne scheint, der Fahrwind kühlt. Wir bewundern die Hochhäuser an der 35sm langen Küste von Belgien und passen auf die vielen Sandbänke auf.
Am Abend öffnet sich vor uns die Schleuse in Vlissingen und lässt uns in den kleinen Clubhafen ein.
Kuddel ist der beste Motor.
Möwen und kreischen.

Jul.′ 21 17

Heute morgen mussten wir schnell losflitzen auf unseren Rollern, weil wir den Drachen in Action sehen wollten. Er hat uns tatsächlich Feuer- und Wasserspuckend begrüßt, mit ausgebreiteten Flügeln. Augenzwinkernd, grollend. Riesengroß, beeindruckend.

Doch bei näherem Hinsehen entpuppte sich das Spektakel eher als Karusselfahrt für Erwachsene in Zeitlupe.

Nach diesem Schreck, rollerten wir die endlose Brücke zum Leuchtturm, um uns für morgen das Fahrwasser und die Sandbänke anzugucken. Viel Fährverkehr kreuzte vor unserer Nase, da ist ordentlich was los.

Später sind wir an der Promenade entlanggefahren und haben gemerkt, warum die hier alle auf Rollern und Skateboards durch die Gegend fahren. Hier gibt es super coole Skaterbahnen. Halsbrecherisch elegant sind die Jungs da rumgesaust. Wir haben uns lieber nicht getraut, schon beim Zuschauen sind wir fast von unseren Rollern gefallen. Das höchste der Gefühle, war ein Balanceakt auf den Gummibällen.

Von der Häßlichkeit der Hochhäuser, alle mit Meerblick waren wir erneut beeindruckt, dazu gab es Käffchen und Bagel am Strand bei Bontempi-Keyboard.

Eine schöne Promenade alles in allem, viele Spielplätze, viele Gelegenheiten, sich nett in die Sonne zu setzten, ein endlos weiter Sandstrand.

Nachmittags putzten und spülten wir die Röde Orm und bereiteten alles für die Abfahrt vor.  Mit einer späten Brückenöffnung wollen wir an die Boje vor der Brücke, um morgen früh nur noch eine Leine losmachen zu müssen. Denn es geht schon um 5 Uhr in der Frühe los, viele Stunden vor des Käptns Aufstehzeit.

Brücke und Boje

 

Da war er noch glimpflich davongekommen. Doch mit diesen Ausbrüchen, oder eher Einbrüchen- dem Aussetzen seiner Gedanken – hatte er immer wieder zu tun. Letztendlich ist auch seine Ehe daran zerbrochen. Und nun wieder. Als er da stand und mit dem Presslufthammer den Boden bearbeitete. Er wusste, diese Steine, diese uralten Steine sind unverrückbar. Aber er war so schön in Fahrt, er konnte nicht aufhören. Sein Kumpel musste ihn richtiggehend wegziehen. Erschrocken stellte er den Hammer ab. Lüftete die Kopfhörer und es grollte immer noch. Die Erde unter ihm bewegte sich! Marque zog an seiner Latzhose, Pierre sah sich um, alle waren ein ganzes Stück weggegangen, starrten auf die Steine. Er machte, dass er Land gewann. Vor ihm bewegte sich etwas. Da stieß etwas schwarz glänzendes hervor. Er hielt den Atem an, spürte ein Kribbeln im ganzen Körper. Eine Schlange? Die Steine bewegten sich weg, eine riesige Kralle schob sich den Weg frei. Alle Arbeiter stoben weiter auseinander, einige rannten weg.

Jetzt hatte Pierre also mit seiner Gabe, Grenzen zu missachten, den Drachen geweckt. Zum Glück stellte sich später heraus, dass er keine Bedrohung für die Stadt darstellte.

Aber er hatte zu ihm irgendwie ein besonderes Verhältnis. Seitdem kam er jeden Morgen und schaute ihm zu. Wie er da in seiner Kuhle lag. Er sah ganz zufrieden aus. Schon merkwürdig, da wird ein Urzeitmonster befreit und tut weiter nichts als schlafen. Ganz geheuer würde dies Pierre nie werden.

Jul.′ 21 16

Die Erste wird von gebackenem Brotduft geweckt, der durch das Schiff zieht. Sie folgt dem Duft, krabbelt aus der Koje und da steht der Käptn am Herd und bruzzelt Pfannenbrot. Außerdem gibt’s gekochte Eier und Sonnenschein. Dafür kramen wir auch endlich den Tisch aus der Ecke. So starten wir den Tag. Heute ist ein bisschen was auf der ewigen ToDoListe zu erledigen.
Die Röde Orm will schick gemacht werden für den Drachen morgen. Aber von ihrer letzten Schlacht hat sie noch schwarze Kampfspuren am Rumpf. Der Käptn findet eine Sprühflasche ohne Etikett (wie das so ist, wenn Backskisten unter Wasser stehen, dann lösen sich sämtliche Etiketten) und erinnert sich, das muss Volkers Wundermittel sein. Raufgesprüht und weggewischt. Wir hätten vorher Werbegelder eintreiben sollen.
Wir packen die Roller. Der Waschsalon und der Supermarkt stehen auf dem Programm.

Wäsche gewaschen, Kühlschrank und Obstnetz wieder gefüllt, geht es an die Ankerverschraubung. Die ist lose, der Crash auf den Azoren hat seinen Tribut gefordert. Die Giftküche wird aufgebaut. Der Käptn rührt Epoxy an, seine Assistenz reicht Tücher, Zahnstocher und Spritze. Damit bekommen wir ihn wieder rappeldickefest. Am Baum muss noch eine Schraube ersetzt werden. Dann sind alle brennenden Baustellen erledigt.

Wir satteln wieder die Roller und der Käptn lädt die Erste beim Frisör ab, um anschließend in dem very french Pub zu warten. So schick gemacht, rollern wir die Sehenswürdigkeiten der Stadt ab, es gibt sogar einen Park, in den Churchill und de Gaulle einen bronzenen immerwährenden Spaziergang machen. Ansonsten sind wir nicht sehr entzückt von dem Städtchen. Es ist wie in Kiel. Der Krieg hat alles zerstört. Und die Architekten des Wiederaufbaus waren nicht sehr einfallsreich.
So kehren wir im Restaurant „de la mar“ ein, das uns Kalle, der Kölner von gestern (ach der war noch nach dem Blogschreiben gestern lange an Bord) empfohlen hat. Mit drei Gängen sind wir echt überfordert, so ein Menü hat es echt in sich. Da hängen wir einen Abendspaziergang dran, mit Abklatsch am ganz hinteren Ende des Hafens (und der ist seehr lang, viel mehr lang als breit!)
Wieder innerlich sortiert steuern wir die Hafenkneipe an, die sieht so gemütlich aus. Und dies ist ja unser letzter Abend im Hafen, morgen wechseln wir an die Boje. Im gemütlichen Flair, zwischen Billardtisch, Kneipentresen, unter Stander- und Länderflaggen aus aller Welt schlürfen wir Cocktails und lassen uns von 80er Jahre Musikvideos beduseln.

Geschafft und glücklich.

 

Pierre ärgerte sich. Es war ihm schon wieder passiert! Er dachte, er hätte sich inzwischen im Griff. Aber er konnte es nicht lassen. Er erkannte die Grenze, den Moment, wenn man aufhören musste. Der Adrenalinstoß, den er dann bekam, ließ ihn jedes Mal weitermachen. Als würde er gesteuert.

Er war erst zehn, als er aufgekratzt und großmäulig mit seiner Gang an der Hafenmauer stand. Damals gab es hier noch nicht soviel Schiffsverkehr, trotzdem war es streng verboten, dort ins Wasser zu springen. Die Jungen johlten und tobten und es war heiß. Sie feuerten sich an, schlossen Wetten ab: „Du traust Dich ja doch nicht, zu springen!“ Nein, es hatte auch als Scherz angefangen. Und als sie da alle auf den alten Steinen der Hafenmauer standen, schoss ihm plötzlich wieder das Adrenalin in den Körper. Sein Kopf wurde leer, die Energie rauschte in die Beine und schon war er in der Luft. Die See schoss auf ihn zu, er tauchte unter. Prustend wieder an der Oberfläche fiel ihm ein, dass er gar nicht wusste, wo es hier eine Leiter gibt. Und er hatte die Strömung unterschätzt. Die Jungs wedelten mit den Armen und schrien, er wurde von der Strömung mitgerissen. Da, ein Poller näherte sich ihm, mit einer Leiter, er musste sie erwischen. Pierre streckte seine linke Hand aus, und prallte mit voller Wucht gegen Poller und Leiter. Jetzt nicht loslassen. Seine Füße zogen schon weiter, doch er schaffte es, mit letzter Kraft, sich die Leiter heraufzuziehen. Da hörte er die Tröte. Fischer Jules kam mit seinem kleinen Boot vorsichtig dichter. Er reichte Pierre die Hand und zog ihn an Bord. Puh. Gerettet. Die Gardinenpredigt blieb erstmal aus, die würde er sich heute Abend anhören müssen. Jules brachte ihn zum Fischersteg und entließ ihn. Es war nochmal alles gut gegangen.

Johlend kamen ihm seine Freunde entgegen. Heute war er hier ihr Held. Das würde zuhause ganz anders aussehen. Er merkte, wie ihm die Beine zitterten und ging trotzdem nach Hause.

Jul.′ 21 14

Tief versunken im Erdinneren gibt es eine Kruste, in der sich die magischen Energien bündeln und zu fantastischen Wesen verwandeln. Sie sind verschlossen, solange sie keiner weckt. Doch tatsächlich haben die Hafenarbeiter von Calais bei der Restaurierung der Anlagen zu tief gegraben. Wie von Geisterhand gelenkt konnten sie nicht aufhören zu bohren. Bis ein tiefes Grummeln die Stadt erschütterte. Die innere Kruste bewegte sich und eine riesige Kralle kam zum Vorschein. Sie grub sich dem Himmel entgegen. Entsetzt sprangen die Hafenarbeiter zur Seite, einige rannten um ihr Leben. Anderen wurde die Neugier zu übermächtig und sie starrten gebannt auf den Krater. Tiefschwarze riesige Krallen schoben die schützenden Steine zur Seite und gruben sich aus den Tiefen herauf. Qualm wurde ausgestoßen, eine Feuerfontäne spie heraus. Entsetzt und fasziniert zugleich erkannten die Stadtbewohner von Calais, wie sich in dem Nebel ein wahrhaftiger Drache abzeichnete. Dieser schaute sich sichtlich verwirrt um, legte den Kopf schief, schnüffelte, blinzelte. So grelles Licht ließ ihn fast erblinden.

Der Drache breitete seine Flügel aus, hob ab und flog hinaus über das Meer. Mit offenem Mund starrten sie ihm hinterher. Er flog über den englischen Kanal, drehte eine Runde. Flog wieder zurück, ließ sich in seine Kuhle fallen. Und schlief ein.

Nun schläft er dort. Seitdem wacht er jeden Samstag auf, fliegt Touristen über die Bucht. Und ruht sich wieder eine Woche aus.

Nur diese Woche, so sagt man, wurde er zwischendurch wach. Man sagt, man habe den Funkspruch der Röde Orm empfangen, die um Einfahrt in den Hafen bat. Als uraltes magisches Wesen, die Rote Schlange, aus der wilden Wikingerzeit, schien der Drache seine Gefährtin erkannt zu haben und blinzelte fröhlich, als die Röde Orm die Hafeneinfahrt nahm. Heute haben wir den Drachen in seiner Kuhle besucht. Noch schläft er. Aber am Samstag. Wartet nur auf Samstag!!

 

 

Es sieht so aus, als müssten wir also warten. Wir laufen zurück zum Schiff und tüdeln, was es so zu Tüdeln gibt. Räumen Kisten um, trocknen gestautes Wasser in Backskisten, der Käptn versiegelt freigewordene Schrauben im Teakdeck, sin Fru tauscht die alte Seekarte (Camaret bis Calais) gegen eine neue (Calais bis Breskens) aus. Wir tanken Diesel, wechseln die zerfetzte Deutschlandflagge aus, lüften die Betten ausgiebig und montieren den Klapperschutz.

Dann gehen wir in die Stadt und schlemmen im Restaurante „Le chill“ bei rockiger Musik. Der Käptn bekommt sein geliebte IPA. Etwas betüdelt schwanken wir zum Boot zurück, erfinden Drachengeschichten und setzen einen Brotteig fürs Frühstück an.

Feuer und Spucken.

Jul.′ 21 14

Gegen Mitternacht wird der Wind immer weniger. Die Segel fangen leicht an zu schlagen. Die Crew beschließt den Kuddel ran zu lassen. Wir tuckern also weiter durch die Nacht, des Kptn‘s Schlaf wird dadurch leicht gestört. Ab 5h kommt der Wind zurück, der Kptn. und der Kuddel können sich weiter erholen.

Wir segeln. Land kommt in Sicht und Bolongne sur Mer lassen wir aus. Der Wind hat noch etwas östlicher gedreht und wir können fast Calais anlegen – zumindest die Ecke, n Bogen um das Cap zu machen ist windrichtungsmäßig nicht mehr drin.

Das letzte Stück zum Hafen müssen wir dann in den verrückten Wellenwirrungen des Cap Gris-Nez motoren. Wind gegen Strom, es ist wie auf der Achterbahn.

Wir kommen da aber auch durch, können die Hafeneinfahrt von Calais ansteuern. Dort gibt es anscheinend eine Ampelsteuerung für die Hafeneinfahrt. Das haben wir wohl im Reeds überlesen. Wir fragen auf Kanal 17 mal nach. Wenn die nächste Fähre raus ist, sollen wir zügig einlaufen – perfekt. Die Ampel springt sogar auf grün – Vollgas.

Und schon stehen wir vor der nächsten Ampel. Die haben da ne Klappbrücke vor den Yachthafen gebaut, was das nu wieder soll. Zum Glück gibt es ca. 20 Wartebojen, wir nehmen eine der 18 freien. Um 18.15 Uhr wird das nächste Mal die Brücke geöffnet. Hoffentlich schlafen wir nicht schon an der Boje ein – wäre aber wohl auch nicht so schlimm.

Wir werden eingelassen und können uns ein paar Meter am Visitorsteg aussuchen – kein Problem.

Hier ist Party. Es ist der 14. Juli – ach ja – da war ja was… Und am Abend gibt es auch noch ein Feuerwerk am Strand. Na ob wir das durchhalten…

Halten wir nicht… Nur das Flackern der explodierenden Farben in den Fenstern des Holliday Inn können wir erkennen.

Sturm und Bastille

Jul.′ 21 13

Um 8h morgens kippt der Strom gen Osten. Mal wieder mussten wir uns einen Wecker stellen, aber das Schiff ist eigentlich klar zum Auslaufen, viel zu tun ist nicht.
Hinter uns türmen sich dunkle Regenwolken auf, vor uns ist blauer Himmel und Sonne im Anmarsch. Der Wind ist anfangs ganz schön frisch und wir müssen ziemlich hoch ran gehen. Leider steckt im Windmesser wohl noch immer der Calima von Lanzarote, daher können wir die Windstärke nur schätzen. Also wir schätzen mal: 4-5.

Ab dem Nachmittag dreht der Wind auf WNW und nimmt noch etwas ab (3-4). Wir segeln in der Sonne nach Osten, besser geht es nicht. Doch eins noch – mit 9 Kt.. Der Strom in der Nähe von Cherbourg treibt die Roede Orm ordentlich voran.
Als wir weit genug draußen sind, kippt der Strom wieder, aber hier schon nicht mehr so stark, aus unsern 5,5 Kt. durchs Wasser werden 2,5 Kt. über Grund – auch das geht vorbei.
Die erste Offiziöse schafft es endlich ihr tausendseitiges Flügelbuch fertig zu lesen – Menschen mit Flügeln usw.
Am Abend haben wir nahezu das Verkehrstrennungsgebiet erreicht, zu dem wir parallel segeln wollen, damit uns in der Nacht die Fischer nicht ärgern. Mal sehen ob es klappt.
Abend und Sonne.

Jul.′ 21 12

Sonntag ist Feiertag – da segeln wir nicht. Außerdem ist sowieso Regen und Gewitter angesagt auf unserem Trip nach Osten.
*Anmerkung der Redaktion: Heute ist Montag –  aber nu ist’s zu spät*
In Cherbourg streiften uns die fiesen Wolken auf dem Regenradar nur leicht und ab Mittag ist alles trocken – sogar sonnig. Für Montag sieht der Seewetterbericht gen Osten besser aus – kein Regen und guter Wind aus NW. Es könnte sogar Segeln angesagt sein.
Nach dem Einchecken und schön Duschen holen wir die Dieselkanister und sausen mit dem E-Roller zur Tankstelle. 50 Liter Diesel haben wir verbraten hierher. Damit ist unser Soll für heute erfüllt und wir wollen uns die Gegend anschauen. Die nette Hafenmeisterin hat viele Gegend-Tipps für uns. Dafür buchen wir uns zwei E-Bikes und fahren den endlos langen Radweg an der Küste entlang zur Hafeneinfahrt. Der Himmel ist diesig, aber wir bleiben trocken. Die Küste ist rauh, abnehmendes Wasser lässt stinkende Algen frei, keine Augenweide. Aber bei Sonnenschein und Hochwasser sicher schön anzusehen. Wir fahren an kilometerlangem Stacheldrahtzaun entlang, Militär soweit das Auge reicht. Ein kleiner Fischerhafen liegt verlassen am Molenkopf.

Auf dem Rückweg stoppen wir an einer Bäckerei. Wir haben von unserer französischliebenden Freundin den Auftrag ein Baguette Crudites und einen Flan-Vanille zu probieren. Superlecker! Zwischen Einhörnern und Quietscheentchen sitzen wir in diesem französischen Café und schlemmen.
Unser nächster Radtörn führt uns in die Innenstadt von Cherbourg. Hier tobt das Leben. Lachende Franzosen, bunt geschmückte Straßen. Herrlich. Der Himmel reißt auch auf.
Zurück am Hafen halten wir nochmal am Vistorsteg Q und P. Hier wehen zahlreiche TO-Flaggen. Witzig, wir kennen uns alle von den Zoom-Vorträgen im Winter. Eine große Familie, die Langfahrtsegler.
Wir machen das Schiff seeklar, füllen Wasser auf, klarieren auf. Morgen früh wollen wir uns mit der Tide weiter nach Osten spülen lassen. Mal sehen, wie weit wir kommen.
Cheers und bourg

Jul.′ 21 11

Eine kleine Weile hat der Wind uns noch durch die Nacht gebracht, aber dann war er schließlich weg. Ausgehaucht. Kuddel muss ran und schläfert uns mit seinem gleichmäßigen Getuckere ein – außer die Wache – die muss verkrampft die Augen aufhalten. Wir sind ja schließlich auf dem Englischen Kanal – da muss man aufpassen.
Und natürlich – die Fischer kommen aus ihren Löchern und fahren kreuz und quer ihre Fischzüge ab.
Der Sonntag bring nicht viel Wind – aber ab und zu mal ein Stündchen segeln ist drin.

Plötzlich piepsen die Handys los… Was ist hier los – weit und breit kein Land zu sehen… Ahhh – doch – Alderney als kleiner Streifen am Horizont.
Der Bogen um die Insel soll möglichst groß sein, um nicht ins Race gesaugt zu werden. 10sm haben wir uns gedacht ist weit genug weg. Wir passieren das Alderney Race im Norden und tatsächlich, es will uns einsaugen, aber wir können gegenhalten bis der Strom wieder dreht und uns nach Cherbourg spült. Mittlerweile haben wir Gegenwind und Gegenregen und Gegengewitter und Gegenwellen – aber die Strömung ist unerbittlich – es geht trotzdem mit ordentlich Fahrt voran.
Kurz nach Mitternacht machen wir in Cherbourg fest, lecken unsere Wunden, trocknen unsere Klamotten und alkoholisieren unsere Seelen.
Over und aus!

Jul.′ 21 10

Donnerstag bis Samstag, 10.07.2021
Wir sind wieder an Bord!! Lieber Uwe, lieber Bernd, danke, dass ihr uns unsere Röde Orm wieder ans Festland gesegelt seid, besonders unter diesen chaotischen Windbedingungen.
Der Käptn und sien Fru sind am Dienstag abend in Kiel gestartet. Nach einer Nacht in Ohe ging es am Mittwoch recht früh auf die Autobahn gen Westen. Auf der Straße heißt der Gegenwind: Stau und lässt sich glücklicherweise umgehen, dank der Handyaufzeichnungen von Google. Leider nicht immer zuverlässig, so dass wir, nachdem wir Deutschland, Holland und Belgien hinter uns gelassen hatten, in Frankreich an eine geschlossene Autobahnauffahrt navigiert wurden. Die Umgehung ließ uns über Land fahren. Wenn noch 800 km vor einem liegen, macht es keinen Spaß, alle 8 km einen Kreisel passieren zu müssen. So wurde die Stimmung immer gedrückter, Müdigkeit und Hunger gaben uns den Rest. Wir brauchten eine Unterkunft. Da sah der Käptn ein kleines unbedeutendes Schild mit einem Dach über einem Bett. Diese Sprache versteht sogar der Käptn. Da sind wir hinterher gefahren und landeten vor einem romantischen Hof in der Normandie. Als wir uns näherten, öffnete sich das Eisentor und ließ uns rein. Eine fröhliche Französin begrüßte uns und drückte uns gleich einen Zimmerschlüssel in die Hand. Unsere Rettung. Außerdem organisierte sie uns ein Abendessen im Nachbarort. Wir waren glücklich. Das Essen war zwar eher übersichtlich aber schick anzusehen.
Am nächsten Morgen fuhren wir wieder früh los und erreichten Camaret sur mer schließlich schon am Nachmittag. Übers Internet konnten wir ein Hotel direkt an der Pier buchen, checkten ein und machten einen nostalgischen Spaziergang in den Hafen. Hier hatten wir schon zweimal gelegen, auf dem Weg wartend auf Biskaya-Wind und wunderbare Freunde gefunden.
Am Abend gingen wir in das kleinste Restaurant, das wir noch so besonders in Erinnerung hatten und genossen Gallettas mit Cidre.
Am Freitag morgen am Frühstückstisch schaut der Käptn auf den Marinefinder und ruft, sie legen in einer halben Stunde an! Wir springen auf und eilen zum Hafen. Keine Röde Orm weit und breit. Und man müsste sie doch schon lange in der Bucht sehen. Aber sie haben schon ein Telefonnetz, ein Anruf bestätigt, wir haben doch noch drei Stunden, bis sie anlegen. Uwe meldet von Bord, sie seien guter Dinge. Wir gleichen die Einkaufslisten ab und sausen in den französischen Supermarkt.
Dann endlich sehen wir sie um die Ecke brummen. Da kommt sie. Unser liebstes Schiff. Das letzte Mal haben wir sie genau vor einem Jahr auf Lanzarote besuchen dürfen. Nun nehmen wir die Leinen an und feiern die Kapitäne an Bord!
Es gibt frisches Baguette, Bernd kocht Eier und Kaffee, wir sitzen im Cockpit und können es kaum glauben.

Das Wetter ist mit uns, und erlaubt uns, einen entspannten Übergabetag zu machen und heute abend noch schön zu feiern. Wir räumen das Hotel und ziehen aufs Schiff, Uwe und Bernd ziehen ins Hotel. Am Abend treffen wir uns in unserem neuen Lieblingsrestaurant zum Fischessen. Die Karte hat vier Gerichte, die wir nicht übersetzen können. Der Käptn der Röde Orm bekommt einen Muschelberg, wir bestellen ins Blaue hinein. Es wird superlecker und superlustig.
Am Samstag frühstücken wir noch gemeinsam im Hotel, dann kommen Uwe und Bernd mit zum Schiff, die Leinen los werfen. Die beiden fahren jetzt mit dem Auto wieder gen Kiel, wir setzen Segel Richtung Osten.
Lassen diverse französische Leuchttürme rechts liegen und freuen uns, als die Tide unsere Geschwindigkeit verdoppelt.
Smuutje Bernd hat uns leckere Pimientos da gelassen, die werden schön gebraten und genossen. Dann legt sich des Käptns Fru in die Koje. Das Wachsystem beginnt. Jetzt, Samstag, 16.30 Uhr liegt L’Aberwrac’h querab. Wir fahren, solange der Wind mit uns ist.
Over und out.

Aug.′ 19 20


Um 5h kräht der Hahn an Land. Es ist aber noch duster. Umdrehen ist sehr gefährlich. Um 6h geht es dann ganz schnell – KuBu weg – Klapperschutz weg. Leine los.

Wir fahren noch an der Heimkehr vorbei und winken – es wird mit der TO-Flagge zurück gewunken… 😉

Ein paar Meilen müssen wir motoren, dann setzt der NW ein. Vollzeug – 4 Kt. Später dreht der Wind leicht auf Süd, wir können aber den Kurs gut halten und machen 5-6 Kt. Fahrt – hoch ran. Die Delfine springen um uns herum – die Sonne scheint – Frankreich wir kommen. Die KW-Funke funktioniert einfach grandios auf dem Wasser – perfekter Empfang. Die Wettermails flutschen nur so durch die Luft.

Bis 21h hält der Wind durch – das hatte der Wetterbericht auch vorhergesagt. Die Segel werden geborgen und wir motoren durch die Nacht.

Eigentlich ist die See glatt, nur der Schwell des Atlantiks kommt quer von der Seite. Wir werden hin- und hergeschmissen. Alles was irgendwie klappert und klackert wird festgetüdelt. Nur die Delfine freuen sich und jagen die ganze Nacht hindurch Fische in dem Licht unserer Buglaterne – wir hören sie unter Deck quietschen.

Wir taumeln auf Frankreich zu und heimlich wird uns eine Stunde geklaut.

Hin und her.

Aug.′ 19 19

Wir haben noch ein paar Dinge auf der Liste – Der Kptn. repariert den Federring an der Curryklemme der Großschot und die Erste näht den Großschotauffangbeutel wieder zusammen – es wurde vorher klar besprochen, wer – was machen möchte – eine geschlechtsspezifische Aufteilung ist rein zufällig.
Ein paar Faltkanister mit Wasser holen wir noch vom Townjetty und füllen den Tank wieder randvoll.
Das klingt nach ablegen? – Richtig.
Der Kptn. und sien Fru fahren zur Heimkehr rüber und besprechen das Wetter für die Fahrt nach Süden.
Sieht gar nicht so schlecht aus finden wir alle.
Der Trip nach Frankreich für Morgen/Übermorgen steht also.

Wir bekommen ein ausgedrucktes Steckenwetter – sogar gleich bis nach Spanien.
Das überprüfen wir aber am Mittwoch morgen nochmal, wenn wir bei Brest in der Gegend sind.
Der Start wird auf 5h festgelegt – na, ob das was wird…
Wir versuchen für den letzten Abend in Fowey einen Platz im Pub zu ergattern. Gar nicht so leicht. Die erste Absage bekommen wir schon am Telefon. Der Yachtclub hat Regattafest und nur Chili. Aber im Haveners bekommen wir nach etwas Wartezeit einen Tisch.
Der Kptn. ordnet nur leichte, verdauliche Kost an – wegen des Segeltörns – Es gibt also Fish & Chips und Burger.
Im Dunklen auf der Rode Orm packen wir noch das Dinghi ein und werden von einem lauten Knall aufgeschreckt. Der Kptn. hatte schon an eine PVC – Dinghi – Explosion gedacht – Aber zum Glück war es doch nur ein Feuerwerk. 500m entfernt – Wir recken die Hälse in die Höhe.
Toller Abschied.
Over und aus.

Aug.′ 19 18

Wir laden die Heimkehrcrew zum traditionellen skandinavischen 11er Kaffee ein. Leider haben wir noch nicht gegessen und frühstücken den Beiden etwas vor und Kaffee wollen sie auch nicht. Und außerdem sind wir ja nicht in Skandinavien. Wir sitzen also nur rum und schnacken – sehr nett. Dafür sind wir aber um 16h zum cornish cream tea eingeladen. Da alle Außenbedingen stimmen, gehen wir mal stark davon aus, dass es klappt.

Die Zeit bis dahin überbrücken wir mit dem Fiedeln einer zweiten Leekoje, der Kptn. macht die Windsteuerung klar – die wir bis jetzt noch nicht genutzt haben – und die Maschine bekommt eine Ölkontrolle – Alles ist wieder bereit zum Auslaufen.

Das Mittagessen haben wir über die harte Arbeit an Bord total vergessen – nun ist es aber schon eine Stunde vor 16h – vor Teatime.

Was soll‘s – Schnell noch nach Fowey und cornish pasties essen – passend zum späteren cream tea. Wir achten eben auf eine ausgewogene einheimische Ernährung.

Wir haben leider nicht bedacht, dass wir mit den Pasties im Magen etwas tiefer im Wasser liegen – daher kommen wir völlig durchnässt auf der Heimkehr an. Wir bewässern gefühlt sämtliche Handtücher an Bord der Heimkehr – eine Trocknung bei laufender Maschine im warmen Maschinenraum wird ausgeschlagen – der Tea wärmt ja von Innen. 😉

Wir haben ein bisschen Probleme, die Cream auf die Marmelade zu bekommen, das ist so üblich hier – wir geben dem Schwell die Schuld. Die Wölkchen im Ostfriesentee bereiten jedoch keine Schwierigkeiten. Lecker.

Was fehlt jetzt noch für einen ernährungstechnischen Abschluss? – Ein Pubbesuch – genau.

Zwei Stunden später hocken die beiden Crews an Land in einem Pub mit Yachtblick – wunderschön. Das Atlantic Pale Ale bereitet auf die nächste Überfahrt vor.

Guten und Appetit

Aug.′ 19 17

Die Nachtbeleuchtung vom Ufer blieb heute Nacht an. Ab und zu blitze es dem schlafenden Kptn. durch einen Gardinenspalt ins Gesicht und er schreckte auf und forderte Hyperschweine. Ansonsten war die Nacht ruhig. Aber früh beendet. Das Fließband für Porzelanerde (Kaolin) fängt früh an zu rattern. Wir verlassen unsern schwellfreien Liegeplatz und verholen uns an die Mooring in die Stadtnähe von Fowey. Angeblich soll ja nur bei südlichen Winden Schwell im Hafenbereich sein – angeblich. Vielleicht drehen ja Wind und Welle noch weiter auf West.

Wir satteln das Dinghi und gucken uns das Städtchen an. Total nett. Kleine enge Gassen mit vielen kleinen Geschäften und sagenhaft viel Trubel. Autos und viele Touris drängen sich durch die Sträßchen. Heute ist die Warmingupregatta für nächste Woche – daher der Auflauf. Eine schaukelfreie Hafenkneipe gibt uns Unterschlupf – Wir testen die hiesigen Fish & Chips Angebote und warten auf die SY Heimkehr – Marlene und Bert segelt heute von Falmouth rüber. Der Kptn. ist schon ganz aufgeregt, er bekommt nämlich heute seinen 300.000sten Besucher-Whisky.

Heimkehr schnappt sich ne Boje – wir verstauen unseren Einkauf im Dinghi und fahren zurück zur Røde Orm und dann gleich weiter zur Heimkehr.

Es gibt viel zu schnacken – einen Whisky für Kptn. Orm und sogar noch einen neuen TO-Stander. Unserem hat der Englische Kanal wirklich sehr zugesetzt.

Der Westwind ist da – Westschwell angeblich auch – Im Fowey River schaukelt es immer noch wie wild. Wir schaukeln uns in den Schlaf.

Hin und her.

Aug.′ 19 16


Um halb 5 rüttelt uns die SW Welle wach – irgendwie hat sie den Weg in die Flussmündung gefunden – komisch eigentlich, weil doch die Mündung nach SW offen ist 😉 . Die Erste jault rum – steht auf – lass uns hier abhauen… Dabei ist der Kptn. erst zweimal aus der Koje gefallen – das geht doch noch. Wir klappen die KuBu nach vorne über und tuckern in den Fowey River rein – ein paar Windungen später geben die Wellen auf – Endlich kein Geschaukel mehr. Wir finden eine blaue Boje – festtüddeln – KuBu rauf – Wolkenbruch – eingeschlafen.

Am frühen Nachmittag macht die Haven Patrol seine Runde und winkt nur einmal müde aus seinem Steuerhäuscher heraus – dann zahlen wir wohl später. Es regnet und regnet und wir beschließen, heute an Bord zu bleiben. Lesen, schreiben, kochen, abwaschen und bauen. Wir sind ein bisschen aufgeregt, weil es sein könnte, dass wir am Montag abend lossegeln können Richtung Spanien – aber das sagen wir nur ganz leise uns still, damit es keiner hört und sich vielleicht doch noch alles ändert Trotzdem brauchen wir eine zweite Leekoje – nicht etwa für ne längere Fahrt – neee – einfach nur so. Also bauen wir Ösen in die Wand, um Seile spannen zu können. Außerdem steht schon lange der Haken für die zweite Klotür an. Der wird auch angebaut. Der Käptn freut sich, sein Schiff sieht wieder nach Baustelle aus. All die schönen feinen Werkzeugkisten sind im Salon verteilt. Am Abend kommt die Krönung: Er hat eine Kreuz-Damen-Flöte und gewinnt ein Spiel nach dem anderen beim Doppelkopf. Dann will er Superschweine und Hyperschweine einführen – wird aber abgewehrt. Ein herrlicher Tag.

Re und Kontra

Aug.′ 19 15


Gegen Mittag lässt der Wind etwas nach – leider kommt er in der Gasse immer noch von der Seite und die Røde Orm ist ziemlich dicht an den Rockys dran. Der Hafenmeister gibt mit seinem Boot der Røde Orm nen Schups in die richtige Richtung, damit wir uns nicht im Rückwärtsgang abmühen müssen um hier raus zu kommen – sehr nett! Pfähle in der Boxengasse sind in manchen Situationen schon netter, gerade mit Langkieler ohne Bugstrahlruder.

Überhaupt war Plymouth bzw. die „Queen Anne’s Battery“ super. Sehr stadtnah, gute Bäder, freies WiFi, Waschmaschinen, relativ ruhig, Leihräder, freundliche Marineros – einziger Wehrmutstropfen: 40 £.

Aber wir müssen an unser Motto denken – go West. Wir kreuzen also weiter. 2m Welle. 15 Kt. Wind aus West – es ist mühsam. Irgendwie sitzt der Kpt. bei solchen Aktionen immer allein in der Plicht – die Restcrew schnorchelt vor sich hin. Für 20 Meilen brauchen wir 32 durchs Wasser. Die Røde Orm ist einfach keine Rennziege und auch kein Wunderdampfer auf der Kreuz. Wenn die Strömung kippt, rutschen die Kreuzschläge der Trackline auf dem Plotter sehr eng zusammen. Die letzten 8 Meilen muss Kuddel wieder ran, weil der Kptn. dieses Zicke-Zacke einfach nicht mehr aushält und dabei waren es nur 3 Schläge… 😉 Wir laufen in Fowey ein. Wirklich – sehr hübsch – nach einer kleinen Flussrundfahrt schnappen wir uns eine blaue Boje in Stadtnähe und hoffen, dass der SW Wind, der für heute Nacht angekündigt ist, uns ruhig schlafen lässt. Es wird dunkel. Dinghi aufpumpen und Landgang lassen wir wech.

Over und aus.

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